Hauptinhalt

Souveränes Königreich Sachsen

Schwarz-Weiß-Zeichnung mit vielen Menschen. © SLUB, Städtische Galerie-Kunstsammlung

Der Wiener Kongress 1815 hat die Wiederherstellung (»Restauration«) des alten politischen Systems zum Ziel. Die Machtverhältnisse in Europa werden neu geordnet. Sachsen verliert zwei Drittel seiner Fläche sowie ein Drittel seiner Bevölkerung an Preußen. In den zahlreichen Einzelstaaten des Deutschen Bundes kommt es zur Zeit des Vormärz zum Erstarken einer Nationalbewegung, die 1848 in der Märzrevolution gipfelt. Der sächsische König lehnt die Paulskirchenverfassung, die einen Bundesstaat mit zentraler Regierung unter Leitung eines erblichen Kaisertums und einem Reichstag als Legislative vorsah, für Sachsen jedoch ab. Daraufhin kommt es zu bewaffneten Unruhen, die mit Hilfe preußischer Truppen blutig niedergeschlagen werden. Im 19. Jahrhundert entwickelt sich Sachsen zu einem schnell wachsenden, leistungsstarken Industriestaat und wird zur Wiege der deutschen Arbeiterbewegung.

Sächsische Monarchie im Deutschen Reich 1871-1918

1871 wird Sachsen Teil des neugegründeten Deutschen Reiches. Die konstitutionelle Monarchie besteht in Sachsen zwar weiter, verliert jedoch zunehmend an Bedeutung. Sachsen steigt mehr und mehr zum führenden deutschen Industrieland auf. Im Ersten Weltkrieg kämpft Sachsen mit einer eigenen Armee und verliert mehr als ein Viertel seiner Soldaten. Im Zuge der Novemberrevolution kommt es in Sachsen zur Gründung des Vereinigten Revolutionären Arbeiter- und Soldatenrates (Rechte, Zentrum, SPD). Dieser erklärt am 10. November 1918 den König für abgesetzt und die Monarchie für beseitigt. Im Zirkus Sarrasani ruft Herrmann Fleißner die Republik Sachsen aus.

Die Geschehnisse im Einzelnen

1815 Auf dem Wiener Kongress verliert Sachsen nach der verlorenen Völkerschlacht zwei Drittel seiner Fläche sowie ein Drittel seiner Bevölkerung an Preußen und wird Mitglied des Deutschen Bundes.

19. Oktober 1817 Mit der Auflösung der Lausitzer Stände wird die Lausitz auch administrativ an Sachsen angegliedert.

1818 Die Stiftsregierung in Wurzen wird aufgelöst, womit auch dieses ehemals bischöfliche Territorium voll in Sachsen integriert wird.

13. November 1819 Trotz der Umsetzung der Frankfurter Beschlüsse unter konservativer Regierung kommt es in Sachsen nicht zu »Demagogenverfolgungen«.

5. Mai 1827 König Friedrich August I. stirbt. Nachfolger wird sein konservativer Bruder Anton (1827-1836).

25. Juni 1830 Während der 300-Jahrfeiern der Augsburgischen Konfession kommt es unter der protestantischen Bevölkerung zu Unruhen gegenüber dem katholischen Hof.

18. September 1830 Nach Unruhen in Leipzig und Dresden wird Friedrich August zum Prinz-Mitregenten ernannt. Der konservative Kabinettsminister von Einsiedel tritt zurück, der liberale von Lindenau wird sein Nachfolger. Er stellt die Ordnung auf dem Verhandlungswege wieder her und eine Verfassungsausarbeitung in Aussicht.

4. September 1831 Ein Jahr später tritt die liberale Verfassung in Kraft, mit der Sachsen erstmals zu einer unteilbaren konstitutionellen Monarchie wird, in der gewisse Grundrechte garantiert werden. Der Landtag wird in zwei Kammern gegliedert und mit der alleinigen Gesetzgebungsmacht ausgestattet. Damit herrscht erstmals Gewaltenteilung. Gleichzeitig (24. September) wird aber auch das Zensuswahlrecht eingeführt.

1. Dezember 1831 Die Zentralbehörden Geheimes Kabinett, Geheimer Rat, Landesregierung und Geheimes Finanzkollegium, welche sich in ihren Kompetenzen überschneiden, werden durch sechs Fachministerien ersetzt. Deren Minister ernennt zwar der König, allerdings sind sie dem Landtag rechenschaftspflichtig. Außerdem gibt es einen Staatsminister, der die Fachministerien innerhalb eines Gesamtministeriums leitet.

9. Dezember 1832 Nachdem die Erbuntertänigkeit der Oberlausitz aufgehoben wurde (1. April), kommt es zur rechtlichen Gleichstellung mit den Erblanden.

1. Januar 1834 Der am 18.III.1833 erfolgte Beitritt Sachsens zum Deutschen Zollverein als dem einheitlichen gesamtdeutschen Wirtschaftsraum wird wirksam.

24. Januar 1835 Vollständige Gleichstellung der Oberlausitz mit den Erblanden und Aufhebung ihrer gesonderten Provinzialverfassung.

6. Juni 1836 König Anton stirbt. Nachfolger wird der bisherige Prinz-Mitregent Friedrich August II. (1836-1854), der nun zunehmend konservativere Ansichten vertritt.

September 1843 Der liberale Kabinettsminister von Lindenau wird durch den konservativen von Könneritz ersetzt, der die Zensur verschärft. 1845/47 Missernten (1845/6) und Wirtschaftskrise (1847) begünstigen die Entstehung radikaler Gruppierungen.

1848/49 In der Märzrevolution gibt der König den demokratischen Forderungen zunächst nach. Nach Ablehnung der Frankfurter-Paulskirchen-Verfassung für Sachsen und der Auflösung des Landtages durch den sächsischen König Friedrich August II. kommt es im Mai 1949 zu bewaffneten Unruhen, die mit Hilfe preußischer Truppen blutig niedergeschlagen werden.

1854 König Friedrich August II. verunglückt tödlich in Tirol. Nachfolger wird sein Bruder Johann (1854-1873).

Im 19. Jahrhundert entwickelt sich Sachsen zum ausgeprägten Industriestaat. Es ist das am dichtesten besiedelte Land Europas. Mit der Gründung des allgemeinen deutschen Arbeitervereins durch Ferdinand Lassalle 1863 in Leipzig wird es zur Wiege der deutschen Arbeiterbewegung.

1866 Im »Deutschen Krieg« verliert Sachsen an der Seite Österreichs und tritt in der Folge dem Norddeutschen Bund bei.

1871 Sachsen wird Teil des neugegründeten Deutschen Reiches und gibt u.a. seine Posthoheit ab.

26. März 1872 Der Hochverratsprozess gegen die führenden Sozialdemokraten August Bebel und Wilhelm Liebknecht endet mit je zwei Jahren Festungshaft.

15. April 1873 Durch das Konsistorialgesetz wird als unabhängige oberste Behörde der Evangelisch-Lutherischen Kirche ein Landeskonsistorium geschaffen. Dies stellt einen ersten Schritt zur Trennung von Kirche und Staat dar, während allerdings die katholische Kirche weiterhin dem Staat untersteht.

29. Oktober 1873 König Johann stirbt in Pillnitz. Nachfolger wird sein ältester Sohn Albert (1873-1902), der Kontakte mit den Kaisern von Deutschland und Österreich, Wilhelm II. und Franz Joseph sowie den führenden preußischen Staatsmännern O. von Bismarck und H. von Moltke pflegt.

10. Januar 1874/ 1877 Wahl von August Bebel, Wilhelm Liebknecht und sieben weiteren Sozialdemokraten in den deutschen Reichstag.

1878 - 30. September 1890 Illegale Tätigkeit der SPD infolge des reichsweiten Verbots durch das Sozialistengesetz.

1. Oktober 1879 Das Reichsgericht mit Sitz in Leipzig wird höchster Gerichtshof des Deutschen Reiches.

1870-1900 Sachsen steigt mehr und mehr zum führenden deutschen Industrieland auf. 58% der Bevölkerung sind in der Industrie (deutscher Durchschnitt: 39%), 14% (25%) im Handel und 15% (36%) in der Landwirtschaft beschäftigt.

1891 Die Landtagswahlen ergeben trotz geltenden Zensuswahlrechts einen Wahlsieg für die Sozialdemokraten.

28. März 1896 Durch das Landtagswahlgesetz wird das allgemeine indirekte Dreiklassenwahlrecht eingeführt.

19. Juni 1902 König Albert stirbt in Sybillenort/Schlesien. Nachfolger wird sein Bruder Georg (1902-1904).

1903 Reichtstagswahlen, 22/23 Sitze an die Sozialdemokraten.

15. Oktober 1904 König Georg stirbt in Pillnitz. Nachfolger wird sein ältester Sohn Friedrich August III. (1904-1918).

25. Januar 1909 Ein neues Wahlgesetz (gültig ab 5. Mai) ersetzt das Dreiklassenwahlrecht durch ein Mehrstimmenwahlrecht (max. 4 Stimmen nach Bildung, Besitz und Alter).

18. Oktober 1913 In Leipzig wird in Anwesenheit des sächsischen Königs, des russischen Kaisers Nikolai II. und anderer Monarchen das Völkerschlachtdenkmal eingeweiht.

1. August 1914 Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wird die gesamte sächsische Armee unter Max von Hausen als 3. Deutsche Armee eingesetzt und nimmt u.a. an der Marne-Schlacht (5.-12. September 1914) teil. Gesamtbilanz des Krieges für Sachsen: Von 750.000 Soldaten fallen 210000, 19000 gelten als vermisst.

1. Mai 1916 Friedensdemonstrationen und Streiks in Dresden, Leipzig und Pirna, später auch in Chemnitz.

Februar 1918 Unter Mitwirkung der »Spartakusgruppe« werden seit Januar Streiks im gesamten Reichsgebiet organisiert, die im Februar auch auf Dresden und Leipzig übergreifen. König Friedrich August III. setzt sich für einen Verständigungsfrieden ein und tritt damit in Konflikt mit der Obersten Heeresleitung des Deutschen Reiches.

5. November 1918 Der bisherige Justizminister Rudolf Heinze übernimmt nach dem Rücktritt aller Staatsminister (23.-26. Oktober) die Regierung. Tags darauf wählen 3000 Soldaten der Großenhainer Fliegerkaserne den ersten Soldatenrat Sachsens als Antikriegsorgan.

8. November 1918 Massendemonstrationen u.a. in Dresden, weitere Arbeiter- und Soldatenräte bilden sich in Leipzig und Chemnitz. Am folgenden Abend besetzen Demonstranten das Generalkommando des Heeres, das Polizeipräsidium und die Regierungsgebäude. Der König begibt sich nach Schloss Moritzburg, nachdem der Arbeiter- und Soldatenrat – bestehend aus USPD und Spartakusgruppe – die Macht übernommen hat.

10. November 1918 Der neugebildete Vereinigte Revolutionäre Arbeiter- und Soldatenrat (Rechte, Zentrum, SPD) erklärt den König für abgesetzt und die Monarchie für beseitigt. Im Zirkus Sarrasani ruft Herrmann Fleißner (SPD) die Republik aus.

13. November 1918 Förmliche Abdankung Friedrich Augusts III. auf Schloss Guteborn bei Ruhland.

zurück zum Seitenanfang